Kopfschmerzen
Eines der häufigsten Probleme in der ärztlichen Praxis sind Kopfschmerzen. Diese sind einerseits stark verbreitet und gelten oft als banal, sorgen aber andererseits immer wieder für Verunsicherung, beeinträchtigen die Lebensqualität nachhaltig und verursachen oft hohe Kosten -allein durch den Ausfall von Arbeitskraft.
Schwierig ist auch die Einordnung von Kopfschmerzen. Wesentlich ist zunächst die Unterscheidung, ob es sich um Kopfschmerzen handelt, die durch andere Erkrankungen entstehen (Bluthochdruck, Gefäßentzündungen, Tumoren etc.) oder um eigenständige (“idiopathische”) Kopfschmerzen wie z.B. Migräne oder Spannungskopfschmerzen.
Die Einordnung erfolgt anhand der Kriterien, die die internationale Kopfschmerzgesellschaft IHS (= International Headache Society) festgelegt hat. Da sich nach der IHS-Klassifikation 176 Arten Kopfschmerzen unterscheiden lassen, erfordert der Umgang mit dem Thema schon eine gewisse Spezialisierung.
Neben der neurologischen Untersuchung ist bei der Diagnostik von Kopfschmerzen die Erhebung der Vorgeschichte (“Anamnese”) von überragender Bedeutung. Damit Sie sich in Ruhe auf das Erstgespräch vorbereiten können habe ich die wichtigsten Fragen als Checkliste zusammengefasst.
Migräne
Ein sehr häufiges und facettenreiches Krankheitsbild ist die Migräne. Nicht selten liegt diese in der Familie, für einige Unterformen ist die genetische Ursache inzwischen geklärt. Beginn der Erkrankung ist meist in der Pubertät bis zum jungen Erwachsenenalter, teils aber auch schon in der Kindheit. Bei der Migräne kommt es zu einer Störung des Einstroms von Kalzium in die Nervenzellmembran, was eine dauernde leichte Übererregung der Nerven verursacht. Diese kann man mit einer speziellen EEG-Technik sogar darstellen (sogenannte negative kontingente Variation). Das erhöhte Erregungsniveau ist nur nicht während einer Migräneattacke nachweisbar, sodass man annehmen kann, dass die Attacken eine Art Erholungsphase für ein ständig übersteuertes Gehirn darstellt. Die Übererregung führt auch zum Verlust der Habituation, das heißt der Ausblendung von sich wiederholenden Außenreizen. Wenn zum Beispiel ein Telefon schellt, wird der Nicht-Migräniker sich nach einiger Zeit daran gewöhnt haben, während es für den typischen Migräniker beim zwanzigsten Mal läuten noch mindestens genauso schrill ist, wie beim ersten Mal, wenn nicht schlimmer.
Die Mechanismen, wie Migräne abläuft, sind inzwischen gut untersucht. Migräne ist ein idiopathischer (= eigenständiger) Kopfschmerz. Das bedeutet, dass man sich Überlegungen bezüglich der Halswirbelsäule ebenso schenken kann, wie der Nasennebenhöhlen, der Zähne, der Augen oder der Kiefergelenke. Die Therapie der Migräne kann hingegen schon kompliziert sein. Einiges kann man als Patient selbst tun – ich habe hierzu ein paar Tipps verfasst – , die medikamentöse Behandlung sollte allerdings ärztlich gesteuert werden. Die Versorgungsrealität sieht allerdings im Moment noch so aus, dass sich 90 % der Migräne-Patienten selbst therapieren.
Wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Behandlung ist das sorgfältige Führen eines Kopfschmerzkalenders.
Hier gibt es praktische Tipps für Migräne-Patienten.
Clusterkopfschmerz
Der Clusterkopfschmerz (CKS) wurde früher auch Erythroprosopalgie genannt, was soviel heißt wie : das Gesicht ist rot und tut weh. Auch lief die Krankheit lange unter der Bezeichnung Bing-Horton-Syndrom, so genannt nach den Erstbeschreibern. Die heutige Bezeichnung leitet sich von dem Umstand ab, dass die Attacken zumindest meistens in einer Häufung (Cluster=Haufen) über mehrere Wochen auftreten, um dann für geraume Zeit zu verschwinden. Leider ist es so, dass die Clusterkopfschmerz auch chronisch werden können, sodass die Bezeichnung immer noch nicht ganz glücklich ist.
Charakteristika des CKS:
- streng einseitig, gewöhlich ums Auge herum lokalisiert
- Rötung des Gesichts, des Auges, Tränenfluss, verstopfte Nase
- Attackendauer meist 30-45 Minuten
- oft auch nachts oder immer um dieselbe Uhrzeit
- extreme Schmerzstärke (“vernichtend, brutal, grausam” sind häufige Attribute)
- motorische Unruhe: die Betroffenen laufen herum, drücken sich die Hand vors Auge, würden am liebsten gegen die Wand rennen
- meistens Männer betreffend
Die Charakteristika sind eigentlich so typisch, dass es geradezu ein Kinderspiel ist, die richtige Diagnose zu stellen. Dennoch vergehen oft Jahre, bis dies tatsächlich geschieht. Wesentlich ist dann die Behandlung beim Spezialisten, da diese sehr komplex ist und einiges an Erfahrung voraussetzt.
Sinnvoll ist das Führen eines Kopfschmerzkalenders, um die Therapie vernünftig steuern zu können.
Kopfschmerzkalender für CKS
Autor: Manfred Dwenger